„Lernen fürs Leben – mit der Natur in der Natur!“
Was machen Kinder über vier Stunden täglich im Wald? Leiterin Miriam Backe spricht über Konzept und Praxis des Laufener Waldkindergartens
Am 13. März 2025 ist Voranmeldeschluss für das Kindergartenjahr 2025/2026. Zahlreiche Eltern in ganz Bayern müssen sich bis dahin entscheiden, in welchen Kindergarten ihr Kind künftig gehen darf.
Dabei werden Waldkindergärten immer beliebter. Weit mehr als 300 gibt es allein in Bayern, einen davon in Laufen. Aber was machen Kinder über vier Stunden täglich im Osinger Wald? Die Heimatzeitung hat dazu mit Miriam Backe gesprochen. Die staatlich anerkannte Erzieherin leitet den Laufener „WaKi“.
Frau Backe, was macht einen Waldkindergarten aus?
Miriam Backe: Die Idee der Waldpädagogik stammt aus Dänemark, wo es bereits seit 1970 Waldkindergärten gibt. Im Grunde geht es darum für das Leben zu lernen – mit der Natur in der Natur. Der Osinger Wald mit seiner Sonnenwiese bietet den Kindern ausreichend Platz, um sich zu bewegen, zu spielen, zu toben und zu entdecken. Durch die vielseitigen Reize der Natur wird sowohl
die Grob- als auch die Feinmotorik in besonderem Maße gefördert. Das unmittelbare Erleben mit allen Sinnen fördert die Phantasie und Kreativität. Das strukturierende Element der Waldkindergartenarbeit ist dabei der jahreszeitliche Rhythmus.
Welche Rolle spielen soziale Kompetenzen?
Zum Prinzip des Waldkindergartens gehört es, mit den Stärken und nicht mit den Schwächen eines Kindes zu arbeiten. Die Gruppe ist mit zwanzig Kindern relativ klein, soziale Kompetenzen können so
spielerisch erlernt werden. Vier Erzieherinnen und ein Erzieher sorgen für einen guten Betreuungsschlüssel – und fördern die kindliche Persönlichkeit ganzheitlich. So wird das Kind in allen
Bereichen auf die Schule vorbereitet.
Wie wirkt sich der Wald auf die Kinder aus?
In einer reizüberfluteten Gesellschaft haben die Kinder wieder die Möglichkeit, Stille zu erleben. Die ruhige Umgebung des Waldes stärkt die körperliche und seelische Gesundheit. Durch das
Experimentieren in der freien Natur lernen die Kinder ihre Fähigkeiten gut einzuschätzen und gewinnen an Selbstvertrauen.
Welche Infrastruktur haben Sie zur Verfügung?
Auf unserer Sonnenwiese finden sich ein Sandhügel, Matschküchen, ein Spielschiff und zwei Häuschen aus Weiden sowie ein kleiner, umzäunter Teich als geschütztes Biotop. Vor Ort haben wir
von Schaufeln über Schubkarren bis hin zu Steckenpferden die notwendigen Spielzeuge parat. Ansonsten spielen die Kinder mit den Materialien, die der Osinger Wald hergibt.
Was ist, wenn das Wetter nicht mitspielt?
Grundsätzlich gilt: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Wir beraten die Eltern gerne, wie sie ihre Kinder anziehen sollten. Da haben wir und auch die anderen Eltern viel Erfahrung
und Tipps parat. Auf unserer Lichtung haben wir zudem einen Holzunterstand und eine Schutzhütte, letztere ist im Winter auch beheizt und voller Kinderbücher. Bei extremen Wetterlagen steht den Kindern ein Ausweichraum im Laufener Pfarrheim zur Verfügung.
Wie wird das Thema Toilettengang gelöst?
Wir haben für das kleine Geschäft Naturtoiletten im Wald, für das große ein WC in unserer Schutzhütte. Wir üben den Toilettengang mit den Kindern, die haben das schnell raus. Da können wir
den Eltern die Bedenken nehmen.
Und der ganze Dreck?
Je nach Temperament werden die Kinder mehr oder weniger schmutzig, das ist klar. Aber auch dort gibt es bewährte Lösungen. Natürlich müssen die Eltern den Umgang damit auch wollen. Zudem wird von ihnen etwas Engagement gefordert, wie der Beitritt zum Trägerverein, die Mithilfe bei Aktionen, das Bringen von Wasser oder das Waschen von Putzlappen. Aber der Aufwand pro Elternteil bleibt auch hier absolut überschaubar.
Den Matsch mal beiseite: Wie füllen Sie inhaltlich die mehr als vier Stunden täglich im Wald?
Das ist gar kein Problem (lacht). Erstens sind Kinder in der Natur von sich aus neugierig und kreativ. Zweitens haben wir eine Vielzahl an Spielen, Aktionen und Projekten, darunter zweimal die Woche
Vorschule und einmal die Woche Experimente mit Arno Knosp, einem Freund des WaKi. Unser Konzept befasst sich mit allen Sinnen der Kinder. Akustisch etwa durch Singen, Rhythmus-Spiele,
Sprachübungen, Klangexperimente und Trommeln. Den Geist der Kinder schärfen wir durch Stilleübungen, Phantasiereisen und Achtsamkeitstrainings. Rollen- und Kreisspiele, Mitmachlieder-
und Geschichten sowie unser Kamishibai-Bildkarten-Theater fördern Kreativität und sozial adäquates Verhalten.
Inwieweit wird Wissen und Handwerk vermittelt?
Wir unternehmen Entdeckungsreisen durch Wald und Wiese, beobachten und bestimmen zusammen mit den Kindern Pflanzen, Insekten oder Vögel und begeistern sie so für den Schutz der Natur.
Sachinformationen vermitteln wir dabei kindgerecht. Werk- und Bastelarbeiten fördern wiederum das motorische Können. Da kann es schon mal sein, dass die größeren Kinder Brennholz schneiden!
Interview: Thomas Surrer
Interessierte können sich bei einem Schnuppertag oder durch die Eltern-Kind-Gruppe unverbindlich informieren. Hierzu ist eine Anmeldung unter elternkindgruppe@waldkindergarten-laufen.de
erforderlich. Für das nächste Kindergartenjahr sind jedenfalls noch Plätze frei. Voranmeldungen können jederzeit bis spätestens 13. März 2025 abgegeben werden. Mehr Infos unter waldkindergarten-laufen.de.
Infokasten: Was machen Erzieher, wenn sie keine Kinder betreuen?
Tägliche Tür- und Angelgespräche; Elterngespräche nach Bedarf und Dringlichkeit; Teamsitzungen; Mitarbeitergespräche; Vorstandsitzungen; Supervisionen; Fortbildungen; Beobachtungsbögen; Stellungnahmen und Berichte (etwa für den Bezirk Oberbayern); Tagung des Landesverbandes Wald-
und Naturgärten, Vernetzungstreffen mit Schulen, anderen Waldkindergärten, Frühförderstellen; Leitungstagungen; Veranstaltungen im Landratsamt (etwa zu Kinderschutz, Partizipation, Kooperation); Treffen mit Feuerwehr, Versicherungsträger, Justiz; Anfertigen von Geburtstagsgeschenken und Adventkalender für die Kinder; Besorgen und Bestellen von Material; Besorgen von Geschenken für Helfer; Pflege der Hütte und des Geländes; Putzen, Sortieren, Ausmisten, Aufräumen und Vorbereiten für das neue Kindergartenjahr.